Teil 5: Die Geschichte der Familie Gross
15.05.2023 - Geschrieben von Sabine Gross
Eine schöne Anekdote
In einem Hotel gehen über die Jahre sehr viele Menschen aus und ein und immer mal wieder ereignen sich Geschichten, die die Jahrzehnte überdauern.
So auch diese:
Ein Gast hatte große Rückenprobleme wegen seiner Büroarbeit und unser Arzt Dr. Fiedermutz riet ihm zu mehr Sport. Dieser wählte Tennis (wenn auch suboptimal) und spielte fortan jeden Tag. Das entging auch den anderen Gästen nicht, so war die Verwunderung groß, als er eines Tages stattdessen in der Halle saß. Es stellte sich raus, es gab keine Partner mehr im Haus. Ein anderer Gast - namens Otto Eitel - versprach einen Partner für den übernächsten Tag. Gesagt, getan. Überraschend war, dass der Gegner äussert gut ausgerüstet war - mit neun Schlägern - und es nur so vor Zuschauern wimmelte. Trotz echtem Einsatz verliert unser Gast haushoch. Nach dem Spiel springt der gegnerische Spieler über das Netz, gibt ihm die Hand und sagt „Ich glaube es ist an der Zeit mich vorzustellen. Mein Name ist Stan Smith und ich habe vor kurzem Wimbledon gewonnen.
Mehr zu Otto Eitel
1. Weltkrieg in die USA ausgewandert und wurde gleich dreimal Witwer wohlhabender Frauen. Somit waren mehrere Wochen Sommerquartier im Luitpoldbad leicht erschwinglich. Er war ein großzügiger, charmanter Zeitgenosse und entschied so eines Tages, dass er ein festliches Dinner für den örtlichen Adel ausrichten möchte. Immerhin schafft es Alois Gross 12 Allgäuer Adlinge für das Fest einzuladen. Nichts ist zu teuer: Der Champagner kommt per Kurier direkt aus Frankreich und vom russischen Kaviar erhält jeder Gast eine ganze Dose (damals schon 500 DM das Stück). Er sagt dazu „Kaviar macht nur Spaß, wenn man ihn mit großen Löffeln essen kann!“
Überraschender Gepäckinhalt
Eine praktische Einrichtung für Bahnreisende war schon in den 60ern der Gepäckversand von Haus zu Haus. Auch Frau S. nutzte diesen Service gerne. Einmal jedoch wurde ihr Koffer in Ulm beschädigt und da die Heimatanschrift somit nicht mehr lesbar war zurück an das Hotel gesendet - aufgeplatz wie er war. Die Empfangsmitarbeiter staunten nicht schlecht, als sie ein vollständiges Sortiment Hotelsilber (12 Teile jeweils) darin fanden. Vermutlich war das große Gewicht auch der Grund für den Kofferschaden. Nach Entnahme des Inventars wurde der Koffer mit der Notiz zurückgeschickt.: „Wir haben uns erlaubt, unsere Silberteile zu entnehmen“. Dennoch frage Frau S. vollkommen ohne Unrechtsbewusstein bald wieder ein Hotelzimmer bei uns an.
Damals wie heute ein echter Glücksfall
Im Winter 1971 nimmt der Kreutlift - fast direkt neben dem Hotel, den Betrieb auf. Das Hotel leistet, als vermeintlicher größter Nutznießer auch den größten Beitrag bei der Finanzierung. Bei der Inbetriebnahme sagt jemand: Der Lift ist ja ganz nett. Was fehlt sind die Schilder zur Kennzeichnung, welches die Berg- und welches die Talstation ist. Ganz unrecht hat er nicht. Dennoch erfreut sich der Lift noch heute großer Beliebtheit, vorallem bei Kindern. An manchem Wintertag tummelt sich dort die halbe Schule von Bad Hindelang. Auch unsere Kinder haben viele frohe Stunden dort verbracht.
Schicksalsschlag
Wie im eigenen Leben, so geschieht auch in der Lebenszeit eines Hotel Lustiges und furchtbar Tragisches. Kurz vor Weihnachten 1972 bricht ein langjähriger Gast alleine mit seinem Hund zum Hirschberg auf. Die Wege sind überwiegend schneefrei, vereiste Stellen gibt es allerdings schon. Man weiss, er trug sich nach 16 Uhr im Gipfelbuch ein, d.h. den Rückweg musste er fast vollständig in der Dämmerung/Dunkelheit zurücklegen. Als er um kurz vor 19 Uhr noch nicht zurück ist, alarmiert man die Bergwacht, die mit 28 Mann ausrücken. Alle Hotelgäste versammeln sich in der Hotelhalle und warten bedrückt auf Neuigkeiten. Als um 21 Uhr der Hund winselnd vor der Tür steht, ahnen alle Furchtbares, welches sich nach langer Suche bewahrheitete. Er war mit seinen profillosen Schuhen auf dem harten Boden ausgerutscht und einen Steilhang 100 Meter hinab gefallen.
Kein ganz neues Phänomen: Massive Preissteigerungen
Der Herbst 1973 bringt den ersten Ölpreisschock. In kurzer Zeit verdreifacht sich der Preis für Heizöl. Leider mussten wir alle den Effekt letztes Jahr am eigenen Leib spüren. Wie auch dieses Mal, so überlebt das Hotel trotz des damals noch viel höheren Energieverbrauchs. Da uns die Zukunft unserer Kinder sehr am Herzen liegt, haben wir zum Glück schon zuvor in umfangreiche Energiesparmaßnahmen und eine regenerative Heizung investiert. Bemerkbar machte sich die Preisexplosion bei uns dennoch deutlich. Spannend ist, dass es heute gefühlt undenkbar wäre ein Sonntagsfahrverbot für alle Verbrenner/Autos durchzusetzen. Und so werden wir vermutlich nie die gespenstisch leeren Straßen sehen, an die sich Albert Gross noch so gut erinnert. Wobei, damals bei der Corona-Ausgangssperre war es fast so.
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