Großes Jubiläum - 100 Jahre Familie Gross
11.04.2023 - Geschrieben von Sabine Gross
Vorgeschichte
Während des 1. Weltkriegs diente Andreas Gross - seines Zeichens Schmied und junger Familienvater - im 13. Artillerieregiment. Im Jahr 1917 nimmt sein Leben in den Vogesen ein unerwartete Wendung, als er bei einem gegnerischen Granatentreffer verschüttet wird und wie durch ein Wunder am Leben bleibt. Allerdings machen es ihm die daraus resultierenden Gesundheitsschäden unmöglich weiterhin in seinem erlernten Beruf zu arbeiten. Seine Frau Maria stammt aus einer Meringer Gastwirtsfamilie, was vermutlich den Ausschlag gibt, dass beide nach dem Krieg das Hotel Bären in Ingolstadt erwerben. Allerdings machen Andreas Gross die Wintermonate gesundheitlich sehr zu schaffen, so dass sein Arzt im rät in die gesündere Höhenlage zu ziehen. Günstig trifft es sich da, dass seine Schwester mit dem Bierbrauer Zötler in Rettenberg/Allgäu verheiratet ist und ihm so geeignete Objekte vorschlagen kann. Zur Auswahl stehen Wasach in Oberstdorf und das Prinz-Luitpold-Bad in Bad Oberdorf, zu welchem er sich seinerzeit notiert: „Leicht veraltetes Hotel in wunderbarer Aussichtslage“. Nach reiflicher Überlegung fällt die Entscheidung für unser heutiges Hotel.
Wie alles begann...
Im Frühjahr 1923 entscheiden Andreas und Maria Gross das heutige Hotel zu erwerben. Dazu müssen Sie ihren Gasthof in Ingolstadt verkaufen. Der Kauf des Hotels hingegen zog sich in die Länge und mit wachsender Inflation mehrten sich die Sorgen. Ich stelle mir immer vor, wie die beiden nachts wach lagen aus Sorge um den hohen Geldbetrag auf der Bank, der jeden Tag weniger wert wurde. Aber Die Geschichte geht gut aus, der Erwerb des Hotels für 10 Millionen Reichsmark wird am 11. Mai 1923 amtlich dokumentiert. Erschreckend: Im November desselben Jahres zum Höhepunkt der Inflation bekam man hierfür nur noch eine Semmel. Kurz darauf endet die rasante Preissteigerung mit Einführung der Rentenmark. Von da an, widmen sich die Eheleute mit viel Elan dem Aufbau Ihrer neuen Existenz
Mutig und fleißig waren Sie, unsere Vorfahren. Kurz nach Erwerb begann Maria Gross mit dem Kuchenbacken. Das Geschäft lief offenbar so gut, dass Andreas Stück für Stück angrenzende Grundstücke mit genau diesem Geld in unseren Besitz bringen konnte. Für die großen Grünflächen und Erweiterungsmöglichkeiten sind wir ihm heute sehr dankbar. Die Urgroßmutter verstand sich aber nicht nur aufs Backen. Ihre Liebe zu Antiquitäten legt den Grundstein für den noch heute erhaltenen und ausgebauten Stil des Hotels. Obwohl es politisch und wirtschaftlich in Deutschland keine einfachen Jahre waren, setzen die beiden auf die Zukunft und bauten die Zimmer immer weiter aus, 1928 sind es bereits 70 Zimmer. Dennoch scheinen diese oft ausgebucht gewesen zu sein, im Hausprospekt von 1929 findet sich folgender Vermerk: „Bei Überfüllung bietet sich im nahe gelegenen Bad Oberdorf gute Unterkunft, wobei Bäder und Verpflegung im Hotel zwanglos eingenommen werden können.
Eine kleine Anekdote aus den Anfangsjahren
Gleich zu Beginn setzten die Urgroßeltern als „Höhenluft-Kurhotel“ auf das Thema Gesundheit, was Ihnen großen wirtschaftlichen Erfolg bescherte. Ende der sechziger Jahre erzählte uns eine Dame, die Ihre Eltern als Kind auf die Kur begleiten durfte eine amüsante Geschichte: Üblicherweise wartete man vor den Badekabinen, bis die Wanne nach dem Vorgängerbad wieder gereinigt und voll gelaufen war. Eines Tages bat die Badehilfe ihre Mutter ohne Wartezeit in die Wanne, in der ganz öffentlich noch das Wasser des Vorgängers war. Auf den erstaunten Gesichtsausdruck ihrer Mutter reagierte die Badehilfe mit den Worten „Da könnet se ruhig neihocke, Des Wasser isch völlig keimfrei. Da hat bloss grad a geischtlicher Herr drin badet.“
Keine Sorge heute bekommen Sie im ab Mitte April wiedereröffneten „Sulfarium“ ihr ganz eigenes, frisches, Schwefel-Quellwasser-Bad.
Wie gewonnen so zerronnen
In den dreißiger Jahren besucht Maria weiterhin Auktionen, die jetzt aufgrund der politischen Lage in China auch wundervolle chinesische Vasen versteigerten. Sie erwarb eine Vielzahl derer. Und so manches Mal in schlechten Zeiten haben wir bedauert, dass nur wenige den Zeitenlauf überlebt haben. Genauer müsste man sagen, den Großvater Alois überlebt haben. Während des Umbaus 1951 kam der Hausarchitekt montags ins Hotel und fand im vollkommen zertrümmerten hinteren Restaurantteil - Alois war über das Wochenende aktiv gewesen - eine Axt in der Holzverkleidung stecken, die einen Zettel festhielt. Auf diesem stand: „Für den Architekt: Hier steht in vier Wochen die neue China-Bar!“ Für deren Beleuchtung wollte man aus alten Deckenleuchten und chinesischen Vasen etwas kreieren und füllte letztere mit Gips. Dessen Ausdehnung beim Trocknen war das Ende der meisten.
Weitere Geschichten zur Familie Gross finden Sie hier